Wo ist die nächste Telefonzelle?
Gibt’s eigentlich noch richtige Telefonzellen? In Zeiten von Smartphones und W-Lan an fast jeder Stelle ist die klassische Telefonzelle obsolet geworden. Hier und da an Bahnhöfen sieht man vielleicht mal noch einen Fernsprecher. Nur zu benutzen scheint sie kaum noch jemand. Es sind also ziemlich harte Zeiten für Superhelden, die eine Telefonzelle zum Umziehen brauchen. Armer Superman! Jetzt muss er wohl öffentliche Toiletten benutzen, um sich für den Einsatz vorzubereiten.
Schon im ersten Versuch, Superman fürs 21. Jahrhundert tauglich zu machen, gibt’s keine Telefonzellen mehr. Als so eine Art indirekte Fortsetzung zu „Superman I“ und „Superman II – Allein gegen alle“ versuchte „X-Men“-Regisseur Bryan Singer 2006 mit „Superman Returns“ den Mann aus Stahl wieder erfolgreich auf die Leinwand zu bringen. Dafür kehrt Superman (Brandon Ruth) nach fünf Jahren im All auf die Erde zurück. Hier ist man scheinbar auch ohne Superman gut zurecht gekommen, wie Lois Lane (Kate Bosworth) in ihrem Pulitzer-Preis-Artikel auch festgestellt hat. Die ist jetzt immerhin mit „Scott Summers“, Verzeihung, Richard White (James Marsden) zusammen und hat ein Kind. Und als wenn das nicht schlimm genug wäre, kommt pünktlich zu Supermans Rückkehr auch Lex Luthor (Kevin Spacey) aus dem Knast, um einen weiteren teuflischen Plan auszuhecken. Und… bevor jemand fragt… nein, es fällt niemandem auf, dass Clark Kent und Superman exakt zum gleichen Zeitpunkt wieder auftauchen.
Fangen wir vielleicht mit den Dingen an, die mir tatsächlich gut an „Superman Returns“ gefallen haben. Wirklich überrascht hat mich jetzt (vor allem nachdem ich die alten Filme alle noch einmal gesehen habe) Brandon Ruth. Er schafft es, ebenso so charmant wie seinerzeit Christopher Reeve, die zwei verschiedenen Persönlichkeiten des Superhelden zu spielen. Sein Clark Kent ist auch hier dieser unscheinbare Typ mit der Brille. Ein bisschen tapsig stampft er durch die Redaktionsräume des „Daily Planet“ und wirkt dabei wie ein Hundewelpe, der das Laufen noch erlernen muss. Gerade in seiner Darstellung des Clark Kent erinnerte mich Ruth wirklich sehr an Reeve – ohne selbigen zu stark zu kopieren. Als Superman jagt er dann in bester Manier (und besser als je zuvor) durch die Lüfte. Bis auf ein furchtbares CGI-Desaster am Ende des Films kann sich das durchaus sehen lassen.
Auch alle anderen Darsteller machen ihre Sachen überzeugend. Kate Bosworth als Lois war eine gute Entscheidung und Frank Langella als Perry White hätte man ruhig noch ein bisschen mehr Screen-Time schenken können. Dazu kommt Kevin Spacey als Lex Luthor, von dem ich mir ja echt viel versprochen habe. Aber auch wenn Spacey an sich gut spielt, degradiert ihn das Drehbuch dann doch zu sehr zu einer ähnlichen Witzfigur wie schon einst Gene Hackman.
Womit wir denn bei dem wären, was mir an „Superman Returns“ nicht gefallen hat. Bryan Singer hat die undankbare Aufgabe nach 16 Jahren (Teil 3 und 4 zählen wir jetzt mal nicht mit) Superman wiederzubeleben. Mit „Batman Begins“ wurde ja schon ein DC-Held aus der Versenkung geholt. Warum also nicht auch Superman?
Was ich gut fand, war die Tatsache, dass man es halt nicht als Reboot verarbeitet hat. Die Origins-Story müssen wir nicht ertragen. Dafür aber eine Story, die sich auf knapp zweieinhalb Stunden streckt. Und nicht wirklich was Neues oder Innovatives bietet. „Superman Returns“ ist nichts anderes als „Superman I“ – nur halt ohne die Frühphase von Clark/ Superman. Wie damals schon lahmt die Story ein wenig an dem Bösewicht. Zwar will Luthor auch dieses Mal wieder ganz, ganz schlimme Dinge tun, aber er bleibt ein oberflächlicher und vorhersehbarer Schurke.
Und vorhersehbar bleibt auch alles andere in diesem überlangen Film, den man auch als Folge bei „Smallville“ hätte verbraten können. Man kann das Ganze als nette Hommage an die Donner-Filme sehen , aber so richtig bewegen konnte mich der Film nicht. Man wartet halt einfach ab, was so passiert. Was dann kommt, erahnt man eh schon vorher und dann versucht man einfach, die Logiklöcher des Films zu ignorieren – da wäre die Sache mit den Kristallen aus der Festung der Einsamkeit zum Beispiel – ein kleiner Splitter sorgt für Riesenchaos, ein kompletter Kristall aber für kaum mehr.
Es gibt noch viele kleinere und größere Story-Fragen, die einen mehr beschäftigen als der Film an sich. Singer setzt zwar auf große Schauwerte (Flugzeugabsturz, etc.), kommt aber nicht dazu, sich wirklich mehr auf „Superman“ selbst einzugehen. Der bleibt einfach nur der Typ mit Umhang.
„Superman Returns“ ist nicht per se schlecht, er versucht nur zu viel. Unser Superheld in Blau und Rot bleibt der All-American-Boy-Scout. Anstatt sich auch beim Kryptonier mal ein bisschen was zu trauen, setzt man eher auf das Altbekannte… und dann kann ich mir auch einfach die alten Filme noch einmal anschauen.
Wertung: 6 von 10 Punkten (nicht gut, aber auch nicht schlecht… warum es für eine Fortsetzung nicht gereicht hat, merkt man aber an allen Ecken und Enden – immerhin gibt’s zwei Punkte mehr als bei meiner ersten Kritik zum Film)
Sehe ich ganz ähnlich und habe damals auch 6 Punkte vergeben. Nochmal anschauen muss ich mir den aber nicht – weiß noch nicht einmal, ob ich mir „Man of Steel“ gebe…
Beim ersten Mal habe ich noch vier gegeben, jetzt 6. Das reicht dann aber auch!!! 😉 Mehr ist wirklich nicht drin.
Der beste aller Superman-Filme, der nahezu alles richtig macht.
ein kleiner Splitter sorgt für Riesenchaos, ein kompletter Kristall aber für kaum mehr
Kleiner Splitter = Stress im Keller
Ganzer Kristall = Mini-Kontinent
Wo ist da ein Logikloch?
Selbst wenn, der Film hat nicht mehr – eher weniger – Logiklöcher als so Käsequark wie The Avengers oder allen voran (!) The Dark Knight Rises. Und die werden hier abgefeiert wie Weihnachten und Ostern zusammen 😀
Vermutlich einer der meistunterschätzten Filme aller Zeiten – aber wohl einfach nichts fürs Massenpublikum. Dafür dürfte dir „Man of Steel“ gefallen, der hat viel Krachbumm 😛
Ja, „Man of Steel“ hat mir sehr gut gefallen. Der hat viel Krachbumm, aber auch noch ein klein bisschen mehr. Und ja, ich stehe dazu „The Avengers“ wie Weihnachten und Ostern zusammen zu feiern.
Kleiner Splitter: Stress im Keller, halb Metropolis ohne Strom, Flugzeug stürzt ab.
Großer Splitter: Mini-Kontinent, aber sonst kaum andere Auswirkungen als beim kleinen Splitter. Hätte da nicht irgendwie die halbe Welt ohne Strom sein müssen.
Und wie kann Supes diesen ganzen Kontinent hochheben, wenn der doch voller Kryptonit ist?
Und Flo, so sehr ich deine Kommentare schätze, bleib doch bitte nett und stempel mich nicht immer gleich wegen zwei, drei Filmen als kompletten Idioten ab. Das wäre super!!!
stempel mich nicht (…) als kompletten Idioten ab
Habe ich nirgends getan.
Und wie kann Supes diesen ganzen Kontinent hochheben, wenn der doch voller Kryptonit ist?
Deswegen fliegt er ja auch ein Stück unter die Erdkruste, damit er einen Puffer hat. Kryptonit schwächt ihn ja nur, entsprechend fällt er anschließend, nachdem er das mit letzter Kraft ins All geschubst hat, auch ins Koma.
Na gut, auch wenn dein Ton manchmal anderes vermuten lässt 😉
Und okay, das kann man so gelten lassen…
Also es sind 26 Jahre, Kate Bosworth ist scheisse und Kevin Spacey grandios. Der Rest passt.
Gegen Spacey sag ich ja auch nichts. Der kann ja nichts dafür… der Rest ist okay, aber auch nicht umwerfend.
Ich verbinde ja wirklich GAR nichts mit Superman. Nie ein Comic gelesen und keinen der Filme gesehen. Gepaart mit meiner anhaltenden Aversion gegenüber den Cape-tragenden Helden, kann man sich vorstellen, wie sehr mich nun also diese Filmreihe interessiert 😉
Vielleicht gebe ich mir in ferner Zukunft mal die Donner-Filme, die du ja auch lobst. Aber ich glaube derzeit ist wohl mein Geschmack das stärkste Kryptonit aller Zeiten 😀
Verstehe ich. Sehr viel kann ich dem Mann im Umhang auch nicht abgewinnen. War halt immer eher ein Batman-Fan.
So viele alte Filme! Die ich dann auch noch nicht mal gesehen habe!
Ich habe den auch irgendwie früher ausgelassen, hat mich alles nicht so interessiert. Aber Man of Steel…vielleicht. Meinst ja im Kommentar, das er dir besser gefiel, also sollte es ja anschaubar sein :3
😀 Liegt wohl auch daran, dass die alte Superman-Filme irgendwie kaum noch wiederholt werden… außer „Superman Returns“ habe ich schon Ewigkeiten keinen der alten Filme mehr im Fernsehen gesehen.
„Man of Steel“ fand ich schon ziemlich verdammt gut. Man merkt den Nolan-Faktor zwar sehr stark, gerade in der Origins-Story, aber ansonsten ein sehr unterhaltsamer Film für einen Superhelden, mit dem ich sonst auch nicht so viel anfangen kann.