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Finding Osama

30. Januar 2013

Es war wohl irgendwie unabdingbar, dass dieser Film kommen würde. Niemand kann sein eigenes Schicksal besser verarbeiten/ vermarkten als die USA bzw. Hollywood. Vergangenheitsbewältigung geht in Hollywood scheinbar noch am besten. Es hat zumindest immer gut funktioniert… so dauerte es nicht allzu lange, bis die tragischen Ereignisse von 11. September 2001 filmisch verarbeitet wurden. Und noch kürzer musste die Welt darauf warten, dass der Tod von Amerikas Feind Nr. 1 auf die große Leinwand gebracht wurde.

Nach der Meldung im Mai 2011 war in Hollywood ziemlich schnell klar: „Daraus machen wir einen Film!“ Und wie der Zufalls es so wollte, arbeitete Hollywoods Powerfrau Kathryn Bigelow ja sowieso gerade an einem Film über die Jagd nach Bin Laden. Nur jetzt konnte sie es tatsächlich „gut“ enden lassen. Warum sollte Bigelow auch nicht diesen Film machen? Mit Kriegsfilm kannte sie sich aus – immerhin verschaffte ihr „The Hurt Locker“ den Oscar und große Anerkennung. Außerdem würde eine Frau doch sicher die Jagd nach Bin Laden nicht zu einem Action-Mega-Kracher verkommen lassen.

Das ist wahr. Mit ihrem Film „Zero Dark Thirty“ begibt sich Bigelow auf einen Trip in die Vergangenheit. Sehr imposant beginnt sie mit zwei Minuten Schwarzbild, bei dem man nur die panischen Notrufe hört, die bei Polizei und Feuerwehr eingingen, als das World Trade Center fiel. Danach begleitet der Film die junge CIA-Agentin Maya (Jessica Chastain), die mit ihrem Analyseteam den gefährlichen Terroristen finden soll.

Die Frage, ob man diesen Film nun wirklich braucht oder nicht, stelle ich mal einfach so in den Raum. Es ist schwierig zu sagen, ob es jetzt nötig war, das zu verfilmen. Bringt dieser Film irgendwas? Nutzt er irgendwem? Diese Fragen stellte ich mir schon im Vorfeld und war nicht wirklich sicher, was ich überhaupt von diesem Werk halten soll.

Bigelow geht in „Zero Dark Thirty“ auf Nummer Sicher. Es gibt keine (filmischen) Experimente, keine besonderen Einlagen. Im Endeffekt wird aus dem Film eine chronologische Aneinanderreihung von Ereignissen. Eigentlich fehlen dem Film nur noch die Interview-Teile mit ranghohen Militärs und Politikern, um daraus die perfekte „Jagd nach Osama“-Dokumentation zu machen. Denn nach nichts anderem fühlt sich „Zero Dark Thirty“ an. Eine Aneinanderreihung von Fakten. Gerade zum Anfang wird das ausgeschmückt mit einem kritischen Blick auf die „Verhörmethoden“ der CIA, aber je weiter das Geschehen voran schreitet, desto weniger kritisch wird das Ganze – es wird noch ein Abfolge von Ereignissen, die teilweise komplett unkommentiert bleiben. Somit entgeht Bigelow immerhin gekonnt, politischen Statements oder allzu amerikanischem Pathos. Doch für einen Film, der eine Geschichte erzählt, fehlt schon ein bisschen Emotionalität (die erst zum Ende ein bisschen aufkommt).

Was „Zero Dark Thirty“ dann doch noch ein wenig mehr von einer reinen Dokumentation abgrenzt, ist die einzige Bezugsperson, die Bigelow uns gibt: Jessica Chastain als Ermittlerin Maya. Maya darf/ muss hier stellvertretend für die USA stehen. Über zehn Jahre ist sie verzweifelt auf der Suche nach einem Mann. Sie tut nichts anderes. Sie jagt einem kleinen Fetzen Information hinterher und dann dem nächsten. Ihr ganzes Leben dreht sich nur um diesen einen Mann. Anfangs merkt man noch, dass Maya ihre Probleme mit den Methoden der CIA hat. Aber irgendwann stumpft auch sie ein bisschen ab, wird zu einem kleinen Terrier, der sich in ein Bein gebissen hat und nicht mehr loslässt. Maya treibt das Geschehen voran, sie wird von der zögerlichen Ermittlerin zur eiskalten Jägerin. Koste es, was es wolle! Wo andere noch zweifeln, will Maya schon loslegen. Mit Maya gelingt es Bigelow sehr schön, die fast schon an eine Sucht erinnernde Suche abzubilden. Maya kann nur weiter nach vorne. Alles andere wäre ein Rückschlag. Immer weiter und weiter und weiter… Und am Ende bleibt die Frage, die jeder Rachefilm stellt: Wofür das Ganze? War es das alles wert?

Bigelows „Zero Dark Thirty“ bleibt immer an Maya dran und es ist einer großartigen Jessica Chastain zu verdanken, dass das Ganze nicht zuuuu langweilig wird. Traurig ist nur, dass Bigelow keine anderen Möglichkeiten findet, beide Seiten näher zu betrachten. Erst zum Schluss schafft sie es, ein bisschen deutlich zu machen, dass nicht nur die Amerikaner Opfer sind.

„Zero Dark Thirty“ hätte als richtige Dokumentation wahrscheinlich mehr Durchschlagskraft. So wirkt das bloße chronologische Vorgehen Bigelows etwas belastend. Für Leute, die sich für das ganze Geschehen interessieren, könnte „Zero Dark Thirty“ schon interessant sein. Wer aber einen spannenden Film erwartet, der wird ein wenig enttäuscht sein.

Wertung: 7 von 10 Punkten (als Doku mit richtigen Interviews wäre das sicherlich spannender gewesen)

29 Kommentare leave one →
  1. 30. Januar 2013 07:51

    Ein Film, den ich sicher nicht gucken werde. Da wird mir schon vom Titel schlecht

    • donpozuelo permalink*
      30. Januar 2013 12:41

      Wegen meinem selbstgewählten oder dem Original-Titel??? 😀

      Ja, es ist sicherlich ein Film, der Zuschauer spalten wird. Wie gesagt, mir war das alles ein bisschen zu distanziert, zu dokumentarisch.

      • 31. Januar 2013 07:48

        Ich gebe zu, der Titel Deines Blogs „gefällt“ mir auch sehr gut, aber ich meine auch den Originaltitel. Aber, um ehrlich zu sein, mich nervt das ganze Thema, ich habe da meine ganz eigen Einstellung dazu und das muss ich mir nicht noch im Kino angucken. Das ist, als würde ich mir einen Film über … nein, das ist ein Filmblog, ich möchte hier keine politische Diskussion anzetteln.

        • donpozuelo permalink*
          31. Januar 2013 09:10

          😀 Ich glaube, ich weiß, was du sagen willst. Es ist halt ein Film, über den man sehr lange diskutieren kann… und der sicherlich auch nicht jedem gefallen soll.

  2. 30. Januar 2013 13:00

    Ich wiederhole mich schon nach wenigen Kommentaren: Ich fand den Film ungemein spannend. Es ist schon verwunderlich irgendwie. In den letzten Wochen habe ich drei Filme mit jeweils einer Länge von zweieinhalb Stunden gesehen. Und ausgerechnet bei dem, von dem ich es am wenigsten erwartet hätte, wurde mir das Geschehen zu lang: bei Tarantinos Django. Lincoln war durch seine Dialoge und Schauspieler ein Genuss. Und Zero Dark Thirty fesselte mich einfach von der angesprochenen Schwarzblende an und ließ mich bis zum Abspann nicht mehr los.

    Zudem finde ich, dass gerade der Einsatz am Ende doch filmisch relativ experimentierfreudig umgesetzt war. Der Wechsel zwischen den normalen Einstellungen in der Dunkelheit, die kaum das Geschehen erkennen ließ und den Nachtsichtgeräten war ungewöhnlich gelöst – zumindest für Hollywoodverhältnisse.

    • donpozuelo permalink*
      30. Januar 2013 13:06

      Den Anfang mit diesem Schwarzbild fand ich großartig. Da hatte ich richtig Gänsehaut. Aber danach war es mir persönlich halt zu distanziert. Ein bisschen mehr Tiefe hätte ich mir schon gewünscht. Und das Ende fand ich jetzt nicht soo experimentiertfreudig. Nachtsichtgeräte waren nun mal da und werden dank ihres grünen, leicht verschwommenem Bild ja schon gerne mal eingesetzt. Bigelow hat schon einen technisch tollen Film gemacht, der mir aber dennoch keine wirklich spannende Geschichte erzählt. Und für spannende Geschichten gehe ich nun mal ins Kino 😀

      • 30. Januar 2013 13:08

        Ich habe so das Gefühl, dass wir uns nicht annähern, wenn ich sage, dass das genauso eine spannende Geschichte war, für die ich Kino so liebe, oder? 😉

        • donpozuelo permalink*
          30. Januar 2013 13:14

          😀 Ich glaube, bei diesem Film nicht 😉 Aber das ist ja auch okay, sonst wären die Diskussionen ja langweilig.

        • 30. Januar 2013 13:15

          Immerhin ist man sich bei Jessica Chastain einig. Ich denke, da sollte am Ende der Oscar stehen.

        • donpozuelo permalink*
          30. Januar 2013 13:17

          Kann ich schlecht einschätzen, da ich zu wenige der nominierten Damen gesehen habe. Aber Chastain war schon wirklich gut. Und verdammt hübsch ist sie auch noch 😉

        • 30. Januar 2013 13:29

          Mir fehlt in der Kategorie nur noch Naomi Watts Darbietung in „The Impossible“, aber die ging bisher eh immer leer aus, sollte bei den Oscars also auch eher keine Rolle spielen. Von den vier anderen war Chastain dann tatsächlich die Stärkste.

        • donpozuelo permalink*
          30. Januar 2013 14:32

          Ich denke mal auch, dass sie es machen wird. Die Kleine aus „Beasts“ war zwar niedlich, aber ich glaube kaum, dass die Academy ihr wirklich schon den Preis gibt. Und bei dem Rest vertraue ich einfach mal dir.

  3. 30. Januar 2013 16:25

    7 Punkte? hmmm…da überleg ichs mir nochmal 😀

    • donpozuelo permalink*
      30. Januar 2013 16:52

      Überleg in Ruhe. Bei Dos gab’s die volle Punktzahl.. und ich kenne noch so einige andere, die begeisterter waren als ich. Es ist kein schlechter Film, aber auch kein wirklich fesselnder Film.

  4. 30. Januar 2013 22:18

    Ja da hast Du natürlich recht. wie schon bei „The Impossible“ hatte ich mich auch hier gefragt: braucht die Welt solche Filme?
    Wirklich beantworten kann ich das nicht, trotzdem fand ich beide sehr gut.
    Es hat mir hier einfach gefallen, dass sie das ganze Private, die Beziehungen und persönliches Gelaber hier einfach mal weggelassen hat und sich auf die Jagd Mayas nach Osama fokussiert. Dadurch wirkt der Film natürlich sehr unpersönlich, aber so war Mayas Leben letztendlich ja auch.

    • donpozuelo permalink*
      31. Januar 2013 09:09

      Privates, Beziehungen, etc. hätte ich auch gar nicht erwartet… nur vielleicht zwischendurch mal einen etwas intimeren Blick auf das, was so in Maya vorgeht. So bleibt die große „Heldin“ des Films teilweise auch recht unpersönlich, was mir als Zuschauer dann den Bezug zu ihr nimmt.

  5. 8. Februar 2013 11:09

    Meine von mir prognostizierte #1 des Jahres, den ich aber noch nicht gesehen habe.
    Ich werde deine Kritik auch noch nicht lesen, bevor ich nicht den Film gesehen habe. Nur…7/10? Da stimmt was nicht. ^^

    • donpozuelo permalink*
      8. Februar 2013 13:24

      Naja, es gibt zu diesem Film ja wirklich die unterschiedlichsten Meinungen. Ich glaube, da kann man nichts pauschalisieren. Das ist einer dieser Filme, bei dem man sich wirklich selbst ein Bild von machen muss. Da kann man noch so viele Kritiken zu lesen. „Zero Dark Thirty“ war für mich halt einfach zu sehr dokumentarisch angelegt. Das hat mich am meisten gestört.

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