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Lumberjack President

8. Oktober 2012

Geschichte ist immer eine Frage der Auslegung… denn alles, was vergangen ist, wird hier und da ausgeschmückt oder es wird etwas weggelassen – je nachdem, wie der Geschichtenerzähler es gerade gerne hätte. Gut, mit der neuesten Geschichte ist das natürlich dank zahlreicher Möglichkeiten, alles mögliche aufzubewahren, etwas anders. Aber nur zu oft stoßen wir dann doch immer wieder auf Fehler in der Geschichte. Fehler, die wir jahrelang für wahr hielten. Doch zum Glück kommt irgendwann immer ein schlauer Kopf dahinter und klärt uns auf. So verdanken wir es dem großen „Historiker“ Seth Graham-Smith, dass wir die Wahrheit über den 16. Präsidenten der USA erfahren. Abraham Lincolns Worte aus der Gettysburg-Rede bekommen da eine ganz neue Bedeutung, der gesamte amerikanische Bürgerkrieg muss ganz anders betrachtet werden. Es bleibt zwar ein Kampf Norden gegen Süden, aber es ist kein Kampf mehr Mensch gegen Mensch. Denn der Süden war in Wirklichkeit verseucht von blutrünstigen Vampiren, die ihre Sklaven als Futtervorrat hielten.

Graham-Smiths Buch über „Abraham Lincoln Vampirjäger“ erzählt, wie der junge Lincoln selbst mit ansehen musste, wie seine Mutter Opfer der blutgierigen Untoten wurde. Und der Junge schwor Rache. Allerdings war er unvorbereitet. Nur mit Hilfe von seinem Freund Henry Sturgess erwarb Lincoln sich die Fähigkeiten, gegen die Vampire anzugehen. Doch nur einen Vampir zu töten, rettet nicht die Gemeinschaft der neuen Staaten. Denn im Süden lauert der Übervampir Adam darauf, Amerika zu einem Vampir-Staat zu machen.

Graham-Smiths Buch wurde ein Bestseller und natürlich nimmt man sich in Hollywood gerne solchen Ideen an. Verfilmt hat das Ganze der Russe Timur Bekmambetov. Und was soll ich sagen? Ich bin langsam echt enttäuscht von Bekmambetov. Statt sich um den dritten Wächter-Teil zu kümmern, mit denen sich der Russe als wirklich kreativer Regisseur einen Namen gemacht hatte, erliegt er dem verführerischen Ruf des Westens. Dreht erst eine unmögliche Comic-Verfilmung und beschert so wohl den ganzen Hass von Mark Millar-Fans, und jetzt also den Vampire jagenden Präsidenten.

Seth Graham-Smiths Idee ist so herrlich absurd und schräg, dass daraus nur ein Bestseller werden konnte. Ich habe leider das Buch nicht gelesen und kann somit keine Rückschlüsse ziehen, wie sehr sich Film und Buch ähneln. Was mich allerdings sehr gestört hat, ist die Tatsache, dass sich der ganze Film einfach zu ernst nimmt. Hallo, Mr. Bekmambetov, den ernsten Lincoln bekommen wir doch noch früh genug von Steven Spielberg. Was wir von „Abraham Lincoln Vampirjäger“ wollen, ist einfach nur gute Action und gute Laune. Nicht so einen Film, der sich gerade bei seiner Hauptfigur so spektakulär übernimmt, dass es die Lust an dem Film nimmt.

Nicht nur, dass die Figur des Präsidenten an vielen Stellen zu ernst ausgelegt wird, ist auch der Darsteller Benjamin Walker eine echte Zumutung. Der Mann stiefelt sehr bemüht durch diesen Film. Gerade in den ruhigen Momenten, wo er mal nicht Vampire killt, merkt man deutlich, dass Walker ein wenig überfordert erscheint. Allerdings muss man sich die Frage stellen, ob das seine oder Bekmambetovs Schuld ist. Denn da wären wir wieder bei der Tatsache, dass die herrlich absurde Vampir-Jäger-Idee viel zu ernst gezeigt wird. Etwas mehr Komik wäre durchaus angebracht und erlaubt gewesen.

Immerhin macht „Abraham Lincoln Vampirjäger“ bei der Action so einiges wieder gut. Die Nummer mit dem Axt schwingenden Abe Lincoln ist schon ziemlich cool. Das Ganze in 3D und in Slo-Mo sieht dann auch noch verdammt cool aus. Beim ersten Mal, beim zweiten Mal und auch noch beim dritten Mal… nur irgendwann bleibt es immer das Gleiche. Die Kämpfe sind teilweise zu sauber, zu schön choreografiert und immer wieder und wieder in Zeitlupe. Ein bisschen mehr Dreck und Kampf hätte ich mir dann schon gewünscht. Schließlich ist Abe Lincoln nur Präsident, kein Superheld.

Einzig wirkliche Pluspunkte bekommen Rufus Sewell als Vampir-Bösewicht Adam, Dominic Cooper als Henry, Lincolns Freund und Mentor sowie Mary Elizabeth Winstead als Lincolns Frau Mary. Die drei sorgen dafür, dass man nicht die ganze Zeit mit Benjamin Walker genervt wird.

Timur Bekmambetov hat mit seiner Verfilmung das Potenzial von „Abraham Lincoln Vampirjäger“ nicht ausgeschöpft. Statt einem wirklich launigen Action-Kracher bekommen wir etwas, dass sich einfach nicht richtig anfühlt. Etwas, das für diese Art von Story viel zu ernsthaft angegangen wird, statt sich ein wenig zu amüsieren und die Möglichkeiten des Absurden voll auszuschöpfen. Es bleibt also nur die Hoffnung, dass aus „Stolz und Vorurteil und Zombies“ etwas mehr gemacht.

Wertung: 4 von 10 Punkten (geile Idee, die aber zu sauber und vor allem zu ernst umgesetzt wird und dazu noch einen schlimmen Lincoln-Darsteller liefert, der mit seinem falschen Bart einfach nur schrecklich aussieht)

14 Kommentare leave one →
  1. 8. Oktober 2012 08:57

    Ich war bitter enttäuscht. Ehrlich gesagt war nicht einmal die Action überragend…und, das allerschlimmste, alles ist blutarm. Von Timur hätte ich schon wesentlich mehr abgetrennte Gliedmassen und dergleichen erwartet.

    • donpozuelo permalink*
      8. Oktober 2012 11:24

      Danke schön. Bis jetzt höre ich nur von Leuten, die den Film super fanden.

      Ein wenig mehr Gewalt hätte ich auch schon erwartet… und halt ein wenig mehr Witz. So eine Idee so bierernst zu machen, war irgendwie die falsche Entscheidung!!!

      • 8. Oktober 2012 16:04

        Ich stimme euch beiden völlig zu, aber ich hatte halt auch so gut wie nichts erwartet. Darum wars noch ganz nett für meinen Geschmack.

        • donpozuelo permalink*
          8. Oktober 2012 16:28

          „Ganz nett“ war’s… ohne Frage. Nur eigentlich hätte es richtig geil werden können. Wurde es aber leider nicht. Ich denke, man hätte ein wenig experimentierfreudiger sein können, anstatt einen fast schon zu aalglatten Action-Streifen draus zu machen.

  2. 8. Oktober 2012 12:00

    Würde der Film hier im Kino auch in 2D laufen, hätte ich ja vielleicht tatsächlich ein Auge zugedrückt. Aber den Preis ist mir dieser Film einfach nicht wert, zu hoch ist mittlerweile die „Angst“ enttäuscht aus dem Saal zu schreiten. Außerdem laufen noch genug andere vielversprechende Filme.

    • donpozuelo permalink*
      8. Oktober 2012 12:28

      Ja, definitiv eher die anderen vielversprechendenen Filme anschauen!!! Diese Präsidenten-Nummer lohnt sich nicht… vielleicht noch als Buch, je nachdem wie es so geschrieben wurde.

  3. 8. Oktober 2012 12:32

    Huch..Madagascar 3 so gut bewerten und diesen dann so abstempeln, da bin ich aber schon ein bisschen enttäuscht von dir :O

    • donpozuelo permalink*
      8. Oktober 2012 15:01

      Nee, sorry. „Madagascar 3“ war schön doofer Quatsch. Abe Lincoln und seine Vampire hätte auch schön doofer Quatsch sein müssen. Dann hätte ich dem Ganzen auch mehr Punkte gegeben. Aber so richtig wird hier nicht mit der Story gespielt. Wie gesagt, weniger ernst wäre echt sehr viel besser gewesen.

  4. 8. Oktober 2012 22:47

    Ja gut, das Buch ist auch nicht gerade lustig, hat eben die gute Idee. Die Axt ist übrigens so aus dem selben entnommen, also keine Idee Bekmambetovs. Ich habe mich tatsächlich am Wochenende gedrückt, auch wenn ich mich sehr auf den Film gefreut hatte, aber Euren schlechten Kritiken haben mich verunsichert. Andererseits war keiner dabei, der das Buch kannte, also muss ich wohl doch noch ran o.O

    • donpozuelo permalink*
      9. Oktober 2012 09:23

      Naja, ich würde mich an deiner Stelle vielleicht doch zurückhalten… gerade, weil du das Buch kennst. Höchstwahrscheinlich wird es für dich dann noch schlimmer. Keine Ahnung… 😉

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