Nachsitzen
Fünf Schüler sitzen in einem Raum. Es ist Mittagszeit und alle holen ihr Mittagessen raus. Wer ist wer? Ein Mädchen packt ihre Sushi-Box und ihre Stäbchen aus einer Designer-Tasche. Die andere schmeißt die Wurst von ihrem Sandwich und streut ordentlich Zucker und Cornflakes auf die Butter. Dann wären da noch die Herren des Raumes: Der eine haut ordentlich rein: Chips, Cookies, Sandwiches – Hauptsache, viel für die Energieverbrennung, der nächste hat ein ordentlich gemachtes Lunchpaket – alles schön gesund. Tja, und der letzte in der Gruppe hat einfach mal gar nichts zu essen dabei.
Wenn unsere Welt doch nur so einfach bleiben würde! Es wäre so einfach, die Menschen nur nach ihren Essgewohnheiten einteilen zu könne. Aber hey, in Schulzeiten ist das noch so, und deswegen ist diese eine Szene so unglaublich komisch. Mit dieser einen Szene erklärt uns John Hughes alles, was wir über „The Breakfast Club“ wissen müssen. Zumindest oberflächlich betrachtet.
Es ist Samstag und fünf Schüler müssen nachsitzen. Da wäre der Streber Brian (Anthony Michael Hall), das Sport-Ass Andy (Emilio Estevez), der Rebell John (Judd Nelson), die „Prinzessin“ Claire (Molly Ringwald) und die Außenseiterin Allison (Ally Sheddy). Dieser zusammengewürfelte Haufen soll acht Stunden in der Schulbücherei verbringen und eigentlich einen 1000-Wörter-Aufsatz zum Thema „Wer ich wirklich bin“ schreiben. Aber statt zu schreiben, reden sie lieber.
John Hughes „The Breakfast Club“ ist Kult. Und wie bei schon so vielen Kultfilmen musste ich auch diesen erst einmal nachholen. Beim ersten Überfliegen des Inhalts möchte man nämlich nicht so wirklich daran glauben, dass man hier jetzt einen Kultfilm vorgesetzt bekommt. „Wohl eher eine mit stümperhaften Klischees besetzte High School Komödie“, dachte ich mir anfangs. Und wenn man den Anfang und die besagte Mittagessen-Szene dazu zählt, dann kann Regisseur John Hughes diesen Vorwurf nicht von der Hand weisen. Dumm für mich nur, dass Hughes ja genau das beabsichtigt: Der Zusammenstoß aller gängigen Schüler-Typen, wie sie wohl jeder in irgendeiner Art und Weise kennt – dazu muss man nicht an eine US-High School gegangen sein.
Und diese fünf lässt Hughes wie Hunde in einem Käfig aufeinander los. Und allen voran „Hund“ John bellt am lautesten: John legt sich sowohl mit Brian als auch mit Andy an, macht sich unbeliebt bei Claire und noch unbeliebter beim Rektor. Doch das alles ist nur auf der Oberfläche: typisches Gehabe, was einfach erwartet wird. Hughes lässt seinen Schauspielern Zeit, sich ihren Stereotypen hinzugeben. Lass den Rebell, den Kriminellen ruhig die Prinzessin anmachen und der Sportler kommt ihr zu Hilfe. Eine Frau gefangen zwischen zwei Männern, von denen NATÜRLICH irgendwann der Rebell attraktiv auf die Prinzessin zu wirken scheint.
Aber nach ein wenig Zucker und ein wenig Marihuana sind die Geister etwas gelockert. Nach und nach sorgt Hughes dafür, dass wir hinter die Fassade blicken können. Probleme werden deutlich, Probleme, die erklären, warum jeder so ist, wie er oberflächlich erscheint. Na klar, könnte manch einer meckern, dass auch diese Probleme nur billige Klischees sind, aber mal ehrlich: Was sind denn die wahren Probleme eines Teenagers? Die Eltern, die Schule, Sex, Freunde, das Erwachsenwerden und sich selber finden. „The Breakfast Club“ zeigt, dass hinter jeder Fassade ein Mensch mit eigenen Träumen und Hoffnungen steckt.
Zugegebener Maßen wird „The Breakfast Club“ durch kurzzeitig ein wenig sehr zum Debattierklub, aber man verzeiht Hughes diese Längen. Schließlich braucht der Streber halt ein wenig länger, um sich vor der Gruppe zu öffnen. Schließlich muss auch eine Prinzessin durch fiese Tricks erst dazu gebracht werden, wirklich die Wahrheit zu sagen. Schließlich sind es alles nur Teenager, die verstanden werden wollen.
„The Breakfast Club“ ist großartig. Allein das Intro mit „Don’t You (Forget About Me)“ von den Simple Minds schreit es einem schon vor Beginn des Films zu: „Jetzt erlebst du 80er Jahre Feeling pur und du wirst es verdammt noch mal lieben.“ Und man muss den Film einfach lieben. Hughes hat sich sehr gute Schauspieler geholt, die diese Gruppentherapie für Jugendliche noch mehr sehenswert macht. Nach diesem Film hat man das Bild vom Mittagessen vergessen, man ist jetzt in den Köpfen all dieser Jugendlichen und wünscht sich eigentlich nichts sehnlicher als selbst Mitglied des „Breakfast Club“ zu sein.
Wertung: 9,5 von 10 Punkten (großartige Demontage von High-School-Stereotypen)
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Wohl einer der besten Highschool-Filme überhaupt. Ziemlich großartig!
Ich kannte den vorher gar nicht. War mir zwar vom Namen her immer ein Begriff, mehr aber auch nicht. Jetzt wo ich ihn gesehen habe, kann ich dir nur zustimmen. 😉
Ich liebe, liebe, liebe diesen Film! Dank meinem deutlich älteren Bruder wurde ich auch in meinen Teenie-Jahren mit den John Hughes Filmen konfrontiert und The Breakfast Club ist mein absoluter Liebling. Sonntagnachmittag kommt übrigens noch ein ganz wundervoller Hughes-Film auf kabel eins: Ferris macht blau.
„Ferris macht blau“ muss ich mir auch unbedingt mal anschauen. Auch so ein Kultklassiker, den ich nie gesehen habe. Sonntag also… dann ist der schon mal vermerkt 😉
„Ferris Bueler’s Day Off“ habe ich immerhin bereits gesehen, aber der „Breakfast Club“ fehlt mir auf jeden Fall noch. Allerdings werde ich bei „Don’t You (Forget About Me)“ immer an die Oscars erinnert, die zu Gedenken an Hughes eine ziemlich schöne Collage aus Filmausschnitten einiger seiner Werke gezeigt haben – Gänsehaut!
Den Zusammenschnitt kenne ich gar nicht (aber youtube wird sicherlich helfen 😉 ) Was den Film angeht: Unbedingt gucken!!! 😉
Da hättest du jetzt echt mal einen 10er springen lassen können! 😉
Aber sag mal: Hatten wir es neulich nicht schon mal von Breakfast Club und Sixteen Candles? Ich bin total verwirrt. Auf jedenfall: Sixteen Candles! Sixteen Candles! Sixteen Candles! 🙂
Ja, eigentlich schon! Haste Recht.
Das „Gespräch“ mit Breakfast Club und Sixteen Candels hatten wir via facebook. Und keine Sorge: Sixteen Candles steht schon auf meiner Liste 😉