Zum Inhalt springen

Ohne jeden Grund

21. Dezember 2011

Filmemacher haben es nicht leicht! Wie einfach wäre es, seine Geschichte zu erzählen ohne ein kritisches Publikum? Alles wird hinterfragt, alles wird kritisiert, sobald man es nicht versteht. Immer nörgeln, nörgeln, nörgeln!!! Warum passiert das, warum passiert dies? Wieso haben die jetzt gerade das gemacht? Warum trennen sich Menschen in Horrorfilmen, warum verlieben sich zwei auf den ersten Blick, warum ist E.T. kein kleines, grünes Männchen? Warum ist das so??? Als hochkritischer Filmegucker will man auf all diese Fragen eine tiefgründige Antwort haben. Aber genau das ist das Problem: Einige Fragen sollten nicht beantwortet werden. Manche Dinge passieren einfach durch dummen Zufall. Entscheidungen werden auch mal ohne jeden Grund getroffen. Wirklich ohne jeden Grund!!! Das muss man einfach so hinnehmen.

Als Filmemacher hat man aber gerade mit den Menschen zu kämpfen, die sowas nicht einfach hinnehmen wollen. Schwierige Situation… man kann es hinnehmen und einfach sein eigenes Ding machen. Man kann sich auf Erklärungen einlassen, läuft damit aber Gefahr, den ganzen Film kaputt zu erklären. Oder… man bringt sein Publikum einfach um. Die sind doch eh viel zu blöd, um den wahren Sinn hinter der Idee des Regisseurs zu verstehen. Vor allem, wenn die wirklich absurd klingt.

Quentin Dupieux (manchen besser als „Mr. Oizo“ bekannt) hat so einen absurden Film gemacht, der sich auf geradezu grandiose Weise mit diesem Thema der filmischen Grundlosigkeit auseinander setzt. Ohne jeden Grund erwacht in einer Wüste ein Autoreifen zum Leben. Ohne jeden Grund hat dieser Reifen auch noch psychokinetische Kräfte, mit denen er – ebenfalls ohne jeden Grund – erst kleine Wüstentiere und später Menschen tötet. Anfangs rollt der Reifen scheinbar ziellos durch die Wüste, doch als eine unbekannte Schönheit an ihm vorbei fährt, ist der Reifen (natürlich ohne jeden ersichtlichen Grund) sehr angetan von ihr und verfolgt die Hübsche. Dieses Spektakel wird von einem Publikum durch Ferngläser beobachtet – die später alle vergiften werden, um dieser Grundlosigkeit ein Ende zu setzen. Blöd nur, dass einer überlebt und alles weiter gehen muss.

Ein gewagtes Experiment, auf das sich Dupieux da mit „Rubber“ einlässt. Gewagt vor allem deshalb, weil es seine Zuschauer spalten wird. Man kann „Rubber“ komplett zerreißen – alberne Story, beschissene Splatter-Effekte, schlechte Dialoge und mittelmäßige Schauspieler machen aus „Rubber“ einen Film, den man gut und gerne einfach mal links liegen lassen kann. Was soll der Mist??? Als Experiment, zur Erprobung eines neuartigen Protagonisten mögen vielleicht 10 Minuten „Rubber“ ausreichen, um sich mal auszutesten. Alles andere schleift sich träge dahin. „Rubber“ ist eines der sinnlosesten Filmwerke, die man sich nur vorstellen kann. Dass so etwas absurdes überhaupt irgendwo einen Abnehmer findet, könnte höchstens noch bezeugen, dass der Abnehmer noch absurder drauf ist. Ein mordender Autoreifen??? Hallo??? Man weiß nicht, was Dupieux uns damit sagen will.

Aber halt… Beginnt „Rubber“ nicht genau mit dieser Frage? Ein Polizist steigt aus dem Kofferraum seines Wagens, wendet sich zur Kamera und sinniert über die grundlosen Entscheidungen in einem Film. Warum ist E.T. grau und so weiter??? Würde man „Rubber“ also nicht zerreißen wollen, müsste man den Film für sein Zelebrieren von Grundlosigkeit in höchsten Tönen loben. Es macht in diesem Film einfach gar nichts einen Sinn, und zu keinem Zeitpunkt lässt sich Dupieux dazu herab, eine Erklärung zu liefern. Mit jeder Filmminute werden die Fragezeichen auf unserer Stirn größer und mehr, aber Erlösung werden wir nicht finden. Hier nachzufragen, warum und wieso, würde wahrscheinlich zu einer Kettenreaktion führen, nach der uns der eigene Kopf explodiert. Deswegen rate ich von Fragen lieber ab.

Das Einzige, worauf sich sowohl Verriss als auch Lobpreisung einigen könnten, wäre die Tatsache, dass Dupieux „Rubber“ selbst mit 85 Minuten Laufzeit noch zu lang gemacht hat. Aber wahrscheinlich ist das auch ohne jeden Grund passiert.

Bleibt nur die Frage, wie man diesen Film bewerten soll???

Wertung: 5 von 10 Punkten (und warum fünf Punkte? Einfach so, ohne jeden Grund!!!)

14 Kommentare leave one →
  1. 21. Dezember 2011 08:17

    Ich werde ihn sicher nicht gucken, aber Deine Kritik liest sich hübsch 😀

  2. 21. Dezember 2011 09:52

    Warum genau ein Autoreifen? 😛

    Bei Troll Hunter kommt ja auch so eine Szene wo die Stromleitung des Elektrizitätwerks im Kreis führen, um eine Art Stromzäunli für den Troll darzustellen. Der Betreiber des Werks wusste davon nichts, und keiner weiss warum. Halt ohne jeden Grund. Lustig ist doch, dass die Regisseure selbst keine Erklärung dazu hätten. Die würden doch nur sagen „Ich hatte eine Idee, die war cool, aber ich wusste nicht wie ich diese begründen sollte.“ Oder? 😀

    • donpozuelo permalink*
      21. Dezember 2011 10:11

      Weil Fahrradreifen wahrscheinlich nicht so gut gerollt wären, weil sie einfach viel zu schmal sind! 😉

      Jaja, keine Erklärungen abzugeben war ja auch immer Kubricks Lieblingsmittel, um nicht verraten zu müssen, was er sich dabei gedacht hat. Gerade bei „2001“ wurden er ja ständig mit Fragen bombardiert und hat sie immer wieder abgeblockt. Der Zuschauer solle seine eigenen Antworten finden, hat er immer gesagt. Tja, und „Rubber“ überspitzt das Ganze halt grandios. Oder auch nicht. Je nachdem, wie man das sehen will. 😉

      • 21. Dezember 2011 12:30

        Zudem würden Fahrradreifen lächerlich wirken. Gell? ^^

        Unrecht hatte Kubrick ja nicht. Häufig enden ja auch Bücher abrupt und werfen noch unzählige Fragen auf. Viele davon sollte sich der Leser dabei selbst beantworten. Und einige werden vielleicht in einem nächsten Teil beantwortet werden. Oder eben am Ende immer noch offen bleiben. Aber das ist es doch genau. Ein kleines Machtspielchen, die wollen die Leser und die Zuschauer doch auch ein wenig an der Nase herumführen. Dabei grinsen sie dann auch noch frech. 😉

        • donpozuelo permalink*
          21. Dezember 2011 12:44

          Naja, ganz so extrem würde ich es auch nicht bezeichnen. Irgendein Grund steckt da immer hinter… Machtspielchen sind’s wohl nicht immer. Könnte man aber denken 😉

  3. 21. Dezember 2011 18:53

    Warum guckt man sowas? Ach ne, kann ich selbst beantworten: Ohne Grund. Ich werde ihn einfach mal grundlos links liegen lassen.

    • donpozuelo permalink*
      21. Dezember 2011 18:56

      Warum lässt du ihn nur grundlos links liegen??? Man muss doch auch einfach mal so die Sinnlosigkeit des Films feiern. 😉

  4. 13. Januar 2012 21:18

    Also ich mag diesen Streifen – auch einfach ohne Grund 🙂

Trackbacks

  1. Kleine braune Männer aus dem All « Going To The Movies
  2. Irgendwie alles falsch | Going To The Movies
  3. Die Suche nach dem perfekten Stöhnen | Going To The Movies
  4. Blogparade: My 100 greatest films of the 21st century… so far | Going To The Movies

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..

%d Bloggern gefällt das: