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O.C., California Götter

23. November 2011

Sie sind jung, sexy und hip! Sie sind reich und unbeschwert. Ihnen gehört die Welt und sie nehmen sich, was sie wollen. Sie leben in Luxus, kleiden sich ausgefallen und äußerst stylisch. Sie sind die O.C., California Götter, hoch oben auf ihrem Olymp der Glückseligkeit. Sie sind die coole Clique, die von oben auf uns herab schaut. Hier hat jeder was mit jedem und keiner schert sich um die Konsequenzen. Es sind die O.C., California Götter und alles, was für sie zählt, sind sie selbst.

Jetzt mal im Ernst, es geht hier nicht um „O.C., California“. Das Einzige, was ich von dieser Serie weiß, ist, dass es sich dabei auch nur um irgendso eine Serie handelt, bei der wir den Reichen und Schönen bei ihren mehr oder minder wichtigen Problemen über die Schulter schauen dürfen. Mein erfundenes Spin-Off „O.C., California Götter“ gibt es jetzt trotzdem zu sehen. Im Kino. Unter dem wesentlich martialischer klingenden Titel „Krieg der Götter“.

Ich gestehe offen ein, dass „Krieg der Götter“ wohl der Film war, auf den ich mich in diesem Jahr am meisten gefreut habe. Immerhin reden wir hier von einen Tarsem Singh-Film. Und wer mit diesem Namen noch nichts anfangen kann, für den habe ich zwei Wörter: „The Fall“!!! Eigentlich für mich so der Film, der zeigt, was man mit Kino wirklich alles machen kann – nämlich auf atemberaubende Weise wunderbare Geschichten erzählen. Tarsem Singh ist seit „The Cell“ für sein ausgefallenes Filmdesign bekannt: überschwengliche Farben, verrückte Bildkompositionen, Landschaftsaufnahmen wie von Yann Arthus-Bertrand – kurz um: ein filmischer Orgasmus! Zumindest war das bei „The Fall“ der Fall ( 😉 ).

Irgendwann im letzten Jahr hieß es dann, Tarsem macht einen Film über die griechischen Götter, über den jungen Helden Theseus, der den Minotaurus erschlug und viele andere Abenteuer erlebte. In Tarsems Fall sollte Theseus den finsteren König Hyperion daran hindern, die alten Titanen zu befreien. Das klang vielversprechend. Das klang SEHR vielversprechend. Ich erwartete Großartiges! Ich erwartete DAS Filmhighlight des Jahres, möglicherweise der nächsten zehn Jahre. Ich wollte mich schwitzend vor Aufregung, hechelnd vor Atemlosigkeit in meinem Kinosessel wiederfinden, die Augen weit aufgerissen, um jeden noch so kleinen Bilderfetzen bis zum letzten Moment auszukosten. „Krieg der Götter“ sollte für mich die ultimative Kinodroge werden, ein würdiger Nachfolger für „The Fall“ und der Beweis dafür, dass ein Tarsem Singh möglicherweise der Geschichtenerzähler, der Kinomaler unserer Zeit ist.

Und dann kommt der Tag. Aufregung, es wird dunkel, der Film geht (nach 30 Minuten Werbung) endlich los… und dann… und dann… und dann… gar nichts. Gar nichts. Ich falle in tiefe Filmdepressionen. Wo sind sie, die Bilder, die mich umhauen sollen? Wo ist sie, die Geschichte, die mich zu Tränen rühren soll? Wo ist der Tarsem Singh, auf den ich gehofft hatte? Es ist alles weg. „Krieg der Götter“ wird meine persönliche Kinoapokalypse. Der Untergang meines Helden. Tarsem, was hast du getan? Wo sind all die guten Ideen, die tollen Farben, die tollen Einstellungen hin? Wer sind diese leblosen Figuren, die du Schauspieler nennst? Henry Cavill… wer ist Henry Cavill? Einige kennen ihn vielleicht aus „The Tudors“, die meisten eher daher, dass dieser Mann bald der Mann aus Stahl sein soll. Aber dieser Mann? Cavill, der eigentlich der große Held Theseus sein soll, verkommt zu einer lächerlichen, kleinen Figur. Ein Möchtegern-Held, der weder Ausdruck noch Stärke vermittelt. Ein trauriger, trauriger Held. Und wer ist dieser Mickey Rourke, der finstere Hyperion? Man erkennt ihn gar nicht, ständig diese blöden Masken. Wenn du einen wilden Hengst hast, dann lass ihn doch frei, um Gottes Willen. Einen Rourke an der Leine zu lassen, ist absolut Fatal. Er hätte es retten können, schafft es aber auch nicht. Und wer ist diese Freida Pinto? Ja, die aus „Slumdog Millionaire“. Und was ist sie jetzt? Nichts, außer ein hübscher Hintern in einem ansonsten trostlosen Film.

Was ist nur los mit diesem Film? Maue Action, langweilige Sprüche, die mich sogar „300“ vermissen lassen, in dem deutlich mehr los war. Nur in diesen hyper-hübschen O.C., California Göttern, in der selbst Göttervater Zeus kaum älter ist als seine wunderschöne Tochter Athena, erkennt man ein wenig von dem, was „Krieg der Götter“ hätte sein können. Und nur in der letzten Schlacht der O.C., California Götter erkennt man, dass dieser Film möglicherweise eine richtige gelungene Action-Schlacht hätte werden können. Aber all das sind nur Fragmente, kurze Augenblicke, die im Nu wieder verfliegen und einen nur ratlos zurücklassen.

Ratlos auch wegen einer Story, die viel Potenzial einfach in der Luft verpuffen lässt. Ich meine, wir reden hier von Göttern, griechischen Göttern, die nichts lieber tun als saufen, huren und kämpfen. Aber nein!!! „Wir halten uns aus der Welt der Menschen zurück! Wir sind viel zu hübsch und klug und cool, um mitzumachen!“. Es ist alles einfach nur so traurig! Tarsem, was hast du getan???

Mit schwerem Herzen schreibe ich diese Zeilen, mit schwerem Herzen denke ich an diesen Film und möchte doch eigentlich nur vergessen. Vielleicht hilft eine Dosis „The Fall“. Und danach dann „300“. Und dann kann ich in meinem Filmrausch beide Filme miteinander verbinden, um ansatzweise erfahren zu können, was „Krieg der Götter“ hätte sein können.

Wertung: 2 von 10 Punkten (Ihr O.C., California Götter, macht mir ein Geschenk und lasst mich diesen Film vergessen!!!)

21 Kommentare leave one →
  1. 23. November 2011 06:11

    Habe ich irgendwie befürchtet. Und „Mirror, Mirror“ sieht ja gemäss Trailer auch eher scheisse aus.

    Vielleicht war The Fall doch nur ein Glücksfall. 😦

    • donpozuelo permalink*
      23. November 2011 08:29

      „Mirror, Mirror“ sieht nach dem ersten Trailer tatsächlich ziemlich scheiße aus. Ich habe ja bei Tarsem so ein wenig die Befürchtung, dass es so kommt wie bei M. Night Shyamalan: Ein richtiger guter Film und danach kommt der immer ewig Versuch, an diesen alten Erfolg anzuknüpfen.

      „Krieg der Götter“ ist auf jeden Fall ein Totalreinfall!!! Leider!!!

      • Owley permalink
        23. November 2011 13:27

        Der Vergleich zum Schimmelmann liegt auf der Hand, leider. Aber dazu müsste ich die jeweiligen Erstlinge sehen. 😉 Aber wenn nicht IMMORTALS das Gegenstück zu THE LAST AIRBENDER ist, dann sicher MIRROR, MIRROR.

        Ich fand auch sehr traurig, dass man DEN Still, für den der Film bei Fans bekannt war, also der Himmel voller Krieger, nur am Schluss zeigte. Also klar war das so geplant, aber der Trailer machte Hoffnung auf eine fette Schlacht WÄHREND des Films, verdammtnochmal.

        Und an manchen Stellen war der Film übertrieben brutal. Nicht dass ich das dramatisch fände, mich nervt jedoch voyeuristische Brutalität um der Brutalität willen. Also einfach metzeln, um eine Botschaft vorzutäuschen.

        Und Rourke war ja schon optisch scheisse. Mit seinem Aufklebebart und dem Pincer-Helm. Gnihihi. LÄ-CHER-LICH. Da waren wirklich nur die Götter schick. Auch die ganzen Szenen im Himmel sahen tausendmal besser aus, als alles andere.

        • donpozuelo permalink*
          23. November 2011 13:46

          Ja, der Helm war wirklich selten dämlich!!! Armer Mickey Rourke!!!

          Was ich nur schlimm finde, ist die Tatsache, dass wir mit großer Wahrscheinlichkeit einen zweiten Teil erwarten dürfen. Nicht nur, dass der Film trotz seiner ganzen Schlechtigkeit die Kinocharts stürmt, sondern auch weil ja der Film sehr offensichtlich mit so einer Art Cliffhanger endet.

  2. 23. November 2011 13:16

    Hm, ja. Hat mich lange nicht sehr interessiert. Letztens wieder „300“ geguckt und Bock auf den Film bekommen. Aber irgendwie ist die große Erwartung wieder erloschen 😀 Also, ich warte mal auf die DVD und mach mich dann an einen Verriss.

    • donpozuelo permalink*
      23. November 2011 13:47

      Wie gesagt, guck dir „300“ an, dann Singhs „The Fall“ und stelle dir in deinen Träumen ein Mash-Up beider Filme vor, dann könntest du erkennen, was „Krieg der Götter“ eigentlich hätte sein müssen. 😉

  3. 23. November 2011 20:27

    ich war sogar ein bisschen wütend nach dem Film…was heisst ein bisschen…ganz fest und dolle. Rourke ist eine absolute Fehlbesetzung und taugt als Hyperion und Bösewicht soviel wie Robert Pattison als Vampir…ich bin echt erstaunt wie man aus soviel so wenig machen kann…300 ist jam ittlerweile kult aber das hier ist eifnach nur traurig, das einzige hightlight war ja Poseidons Arschbombem Tsunami…traurig traurig wenn ich mir dann wieder „The Fall“ ansehe…und vor „Mirror Mirror“ hab ich jetzt schon echt schiss!

    • donpozuelo permalink*
      23. November 2011 20:38

      Fehlbesetzung würde ich Rourke jetzt nicht nennen, nur komplett falsch eingesetzt und total unterfordert! Als Bösewicht hätte er durchaus was reißen können, wenn man ihn denn nur gelassen hätte. Aber wie bei all seinen Darstellern macht Singh nichts aus ihnen. Sie bleiben schwach und farblos.

      Traurig kann man nach diesem Film echt sein, zumal viel mit der „The Fall“-Vorerwartung an diesen Film heran gegangen sind. Richtig gut fand ich halt auch nur die Götter, alles andere war richtig schlecht.

      „Mirror Mirror“ sieht im Trailer auch wirklich Mist aus. Dann nehme ich lieber die Kirsten Stewart-Charlize Theron-Geschichte. 😉

  4. 24. November 2011 08:18

    Hmm…der Owley redet von „übertrieben brutal“…das wiederum spricht mich an. 🙂

    • donpozuelo permalink*
      24. November 2011 13:23

      Mich auch – wie gesagt, als die Götter da kurz vom Ende gegen die Titanen kämpfen und wir alles schön bebildert zu Gesicht bekommen – das war schon ziemlich geil anzuschauen. Hat mir sehr gut gefallen 😉

      • Owley permalink
        24. November 2011 13:23

        Und ja, die Actionsequenzen waren je länger, je mehr schick.

    • Owley permalink
      24. November 2011 13:23

      Naja, es ist einfach ein bisschen unnötig und bringt der Story nix, und ist auch sonst nicht irgendwie speziell cool, wie in 300. So meinte ich das „übertrieben“, ich glaube nicht, dass es dich gross vom Hocker reissen würde. Ausser… es gibt da eine Szene… 😉

      • donpozuelo permalink*
        24. November 2011 13:37

        Ok, da hast du wohl Recht. Wirklich vom Hocker reißt einen da nix… Ich denke mal, dass der „300“-Vergleich immer über dieser Produktion hing und man sich deswegen zu solchen Sachen hinreißen ließ. Ohne es wirklich zu durchdenken. Die brutalen Szenen wirken teilweise schon sehr willkürlich eingebaut.

  5. 25. November 2011 22:28

    :)) lustig, hatte ich noch gar nicht gelesen, aber ähnlich gefühlt. Ich war auch so enttäuscht, allerdings war ich so bei 4 Punkten und habe letztendlich 5 gegeben. Frag nicht warum, aber so verärgert hatte er mich doch nicht. Schade drum, ein anderes Cast hätte sicherlich wunder gewirkt.

    • donpozuelo permalink*
      26. November 2011 08:38

      Da bist du ja mit 4-5 Punkten echt gnädig mit diesem Film. Allerdings glaube ich nicht einmal, dass eine andere Besetzung wirklich was bewirkt hätte. Denn im Endeffekt hätten die auch nur mit dieser merkwürdigen Story zu kämpfen gehabt.

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