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Horror-Live Cam

10. Dezember 2010

Ich verstehe die Welt nicht mehr. Angeblich kam es bei Kinobesuchern von „Paranormal Activity“ immer mal wieder zu Panikattacken. Zumindest in Italien. Was denen wohl zugestoßen sein könnte? Haben die einen anderen Film gesehen als ich? Aber ich stehe scheinbar alleine da, denn auch die Amis sind – ohne gemeldete Panikattacken – begeistert von diesem Film. So begeistert, dass Teil 2 schnell nachgeschoben wurde und der dritte Teil für 2011 schon angekündigt ist. Während ich das hier so schreibe, kann ich mich nur wiederholt fragen: „Haben die alle den gleichen Film gesehen wie ich? Oder gibt es eine internationale Verschwörung, die mir andere Fassung beschert hat?“

Auf jeden Fall waren die einzigen Attacken, die „Paranormal Activity“ bei mir auslöste, heftige Gähn-Attacken sowie vor Langeweile nervöses hin und her Gerutsche auf dem Sofa.

„Paranormal Acitivity“ ist so etwas wie „Blair Witch Project“ 2.0. – Wackelbilder für die neue Generation: Weil seine Freundin Katie (Katie Featherston) immer wieder durch nächtliche Geräusche und Stimmen verängstigt ist, besorgt sich Micah (Micah Sloat) eine Kamera, die er nachts vors gemeinsame Bett stellt und mit der er auch sonst alles abfilmt. (An dieser Stelle sind schon einmal zwei Dinge wichtige: NEIN, die Kamera wackelt nicht ganz so schlimm wie ich es erwartet hätte. Und NEIN, erstaunlicherweise wird die Kamera nicht für schmutzige, kleine Amateur-Sex-Filmchen benutzt.) Mit Hilfe der Aufnahmen will Micah herausfinden, was Katie da verfolgt. Und trotz seiner Skepsis zeigen sich bald erste Anzeichen für eine unheimliche Präsenz im Haus, die im Laufe des Films immer aktiver wird.

Gleich einmal vorweg: Schaut euch lieber Steven Spielbergs „Poltergeist“ an, das ist aufregender. Was Regie-Neuling Oren Peli hier abliefert, kann ich bestenfalls als arg missglückten Horrorfilm mit einigen guten Ansätzen nennen.

60 Minuten lang (von etwa 80 Minuten Film) passiert so gut wie gar nichts. Und ich meine wirklich GAR NICHTS, was irgendjemanden vom Hocker hauen, geschweige denn in einen Schockzustand versetzen könnte: „Uh, seht mal, die Tür hat sich von alleine bewegt. Und oh weh, die Lampe da wackelt.“ Katies nächtlicher Quälgeist hat merkwürdige Angewohnheiten: Er macht immer wieder das Licht an und aus (wohl eine Zwangstörung), macht komische Klopfgeräusche (aber nie macht einer bei seinen „Klopf-Klopf-Witzen“ mit), bewegt Pflanzen und macht ein Bild kaputt. Also wer von solchen Sachen in einem Horrorfilm beeindruckt werden kann, der hat wirklich noch nicht viele davon gesehen. Dazu kommen diese sehr albernen, teils sehr unglaubwürdigen Dialoge zwischen Katie und Micah, dass man lieber laut auflacht als sich hinter einem Sofakissen vor Angst zu verstecken: „Das ist mein Haus, meine Freundin und ich werde allein dafür sorgen, dass alles wieder gut wird!“ Gähn…

Die Figuren Micah und Katie wirken so künstlich wie nur möglich: Bis zum Schluss bleibt Micah der Macho-Mann, der sich selbst kümmert und Katie, das kleine, panische Weibchen, das immer wieder eine große, starke Schulter sucht.

Aber wie gesagt, „Paranormal Activity“ hat auch einige gute Ansätze: Anfangs sucht man akribisch das Standbild der Kamera ab, dass nachts die Schlafenden zeigt. Auf der Suche nach irgendwas, das sich möglicherweise irgendwo bewegt. Aber Peli zeigt in den ersten Bildern gar nichts. Wenn später dann etwas kommt, dann passiert es auch meistens genau da, wo man eh hingeguckt hat. Hier wäre ein bisschen mehr Mut vom Regisseur vonnöten gewesen. Stattdessen macht er es so, dass es auch jeder sehen kann.

In den letzten zwanzig Minuten gelingt es Peli dann aber doch ein wenig Spannung aufzubringen, was aber vor allem daran liegt, dass der Geist etwas aggressiver wird. Statt Pflanzen und Türen werden nun endlich die Protagonisten selbst Ziel der paranormalen Aktivitäten. Ähnlich wie schon bei „The Blair Witch Project“ packt Peli alles Gute in die letzten Minuten – hier funktioniert das Konzept des Films dann wunderbar. Vielleicht hätte man den ganzen Film als Kurzfilm drehen können, dann würde ich dem Ganzen volle Punktzahl geben. Es wäre ein erinnerungswürdiger kleiner Film. So ist es (für mich zumindest) zu einem Film geworden, denn ich schnell vergessen möchte. Aber immerhin werden mir zwei Dinge positiv in Erinnerung bleiben: der riesige Fernseher im Wohnzimmer und das Hammer-King-Size-Bett von Katie und Micah (sieht echt gut aus, das Teil).

Dass Leute diesen Film tatsächlich für so gut halten, dass es zwei Nachfolger rechtfertigt, hat mich mehr schockiert als irgendwas sonst in diesem Film.

Wertung: 3 von 10 Punkten (langweilig und öde – als Kurzfilm wäre „Paranormal Activity“ aber der Hit)

20 Kommentare leave one →
  1. 10. Dezember 2010 10:45

    Also ich fand den ganz Ok, aber lediglich weil ich so Experimente begrüsse. Aber gruselig? Nie. Und das sag ich jetzt nicht aus machoistischen Gründen. Ich gebe gerne zu, wenn mich was gruselt. Aber dem OHFUCKISTHISSCARY-Hype wird der Film nicht mal ansatzweise gerecht.

    • donpozuelo permalink*
      10. Dezember 2010 17:09

      Gruselig war da wirklich nichts. Und als Experiment würde ich den Film auch nicht führen, weil es wie gesagt, schon so Filme wie „Blair Witch Project“ oder „Rec“ gibt, die auch mit Wackelkamera daher kommen. Somit ist „PA“ für mich selbst als Experiment nicht wirklich gelungen, weil es nix neues gibt.

  2. luzifel permalink
    10. Dezember 2010 18:26

    Wir haben den Film als große Gruppe gesehen und da war der wirklich ziemlich gruselig.. Ist vermutlich irgendein sozialer Effekt..

    Wirklich gut war der Film nicht aber immerhin unterhaltsam, wenn man von dem gehirnamputierten Stecher der Alten absieht, der nur nervt und den ich an Stelle des Filmmonsters ebenfalls umbringen wollen würde..

    Hm.. 5 von 10 würde ich geben weil es witzig und unheimlich war den als Mob zu gucken..

    • donpozuelo permalink*
      10. Dezember 2010 18:36

      Den Film im Mob gucken würde den Film zwar lustig, aber nicht unbedingt besser machen… denke ich.

      Aber selbst bei im „Mob-Gucken“ würde ich dem Film keinen Punkt mehr geben. Es geht ja schließlich um den Film und nicht das Drumherum.

      Und ja, den „gehirnamputierten Stecher der Alten“ hätten sie gleich von Anfang an weg lassen können. Vielleicht eher eine nette Freundin 😉 hätte den Film mit einer erotischen Mädchen-Szene ja sogar noch aufwerten können 😛

      Trotzdem… blöder Film!!!

  3. 11. Dezember 2010 12:55

    Tja, als der Film bei uns in die Kinos kam, habe ich noch überlegt, ob ich reingehe. Ich habe es gelassen und habe mittlerweile gar keine Interesse mehr an den paranormalen Aktivitäten.

    • donpozuelo permalink*
      11. Dezember 2010 13:57

      Gute Entscheidung! Da haben dich die Geister richtig beraten. 😉

  4. 12. Dezember 2010 20:48

    Stimm ich mit dir absolut überein, kann nicht verstehen was man an dem Film finden kann.

    • donpozuelo permalink*
      13. Dezember 2010 07:21

      Tja, wer weiß… das Bettenhaus, dass das Bett gesponsort hat, braucht noch einen zweiten Werbefilm 😉

  5. 12. Dezember 2010 22:10

    War für mich absolut uninteressant, trotzdem habe ich den zweiten gesehen, der auch ziemlich Ereignisleer war, aber wirklich gelangweilt habe ich mich nicht. Seltsames Phänomen o.O

    • donpozuelo permalink*
      13. Dezember 2010 07:22

      Ereignisleer und trotzdem nicht gelangweilt – wow, scheint ja dann doch eine Steigerung vom ersten bis zum zweiten Teil zu geben. Von ereignislos und langweilig zu ereignislos und nicht langweilig…. Wenn das so weiter geht, ist der dritte Teil noch richtig gut 😉

      • 13. Dezember 2010 12:48

        ;D ja, das sieht nach einer sehr positiven Prognose aus!

        • donpozuelo permalink*
          13. Dezember 2010 13:05

          Ich versuche immer, dass mein Glas halb voll ist. Auch wenn es nach Teil 1 eigentlich schon leer sein sollte 😉

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